… oder die Geschichte eines Jahrtausendbauwerks

Johann der Weise
Bruchstück in 2 Akten.

Dieses Federspiel entschlüpfte E. Grassmann.

Vor grauen Jahren gab es einen Verein im Osten, der ein Haus und einen Weisen von unschätzbarem Wert, mitten in der Region zwischen dem König der Ostalpen (Ötscher) und den Herren der Benediktiner zu Melk besass.

So trug es sich nun zu, dass dieses von allen so verachtete, nur leider mangels an Gulden mit dem Notwendigsten ausgerüstete Häuschen trotzdem so seinen Dienst versah und ohne zu murren, Tag für Tag still vor sich hinwartete, bis wohl der Richtige käme, um es zum Leben zu erwecken. Es spendete Schatten, gab Ruhe und ließ so manchen, vom dauernden Hin-und Herhetzen des Gegners schweißüberströmten Körper mit seinen zarten, zu Duschkabinen veredelten Wasserstrahlen wieder ins Leben zurückfinden.

In den letzten Zügen des vorigen Jahrhunderts, welches von der Erprobung der Atomspaltung bis zu sonstigen vernunftvernichtenden Erfindungen gezeichnet war, kamen nun die völlig planlosen Vertreter dieser filzkugelspielenden Zunft auf die Idee, einige Pläne anfertigen zu lassen, die das Entlein zu einem, na ja, sagen wir halt „Schwan“ erwecken sollten.

Doch welcher war denn nun wohl der richtige?

So sprach der Herr der Pläne: „Nehmt einen eurer Wahl, sodass euch euer Gefühl den rechten Plan zeigen möge“.

So begaben sich denn nun einige – von der Muse des Idealismus beseelte Mitbrüder – hin, und bauten Stein für Stein, Elle um Elle, schleppten das Eisen die Mauern empor, hielten ein Dach wie eine schützende Hand darüber und ließen das Licht durch die, wie Augen in den Westen blickende, Fenster in das noch etwas leere Innere fallen.

Und wie jedes Jahr, so kam nun doch etwas viel Größeres in’s Land gezogen. Alle Leute freuten sich ob des Wechsel des Jahrtausends so überschwänglich, sodass sie glitzernde Feuer in die Lüfte warfen, die noch weit über die Grenzen von St.Leonhard/Forst und Ruprechtshofen, weit in das Land des noch im Keller lagernden Mostes sichtbar waren. Das neue Jahrtausend ward angebrochen und übervoll von Glückwünschen. Nur im Inneren unseres „Noch Entleins“ war es ringsum leer.

Da kam plötzlich ein wohlgeformt flinker Handwerksbursch seines Weges, der sich gar gut mit Hobel und Säge verstand und füllte das Innere in Windeseile (3 Mondphasen) mit den Utensilien feinsten Holzes, an dem die Würmer noch lange ihr Festmahl halten werden.

Der Richtige machte einen Blick und sah, es ist gut so.

Und am Tüpfelchen auf dem „i“ ward demnach so lang noch gefeilt, bis Maler, Zeichner, Steinleger wie auch Näher seidener Tücher dem Entlein das Aussehen verliehen, das heute jeden Schwan erblassen lässt.

Nun denn, da das Werk gelungen ward, wollte man feiern und die Krüge schwingen, Wurstbrat in hohle Schläuche füllen und die letzten Zahnprothesen in das knusprige BEIGL-Gebäck vergraben.

Die Stund der Erleuchtung begab sich denn nun am 20. Augustus des neu angebrochenen Millenniums, um die Zeit des kürzer werdenden Schattens, so an die 2 Stund bevor die Sonn am Zenit kurz innehielt und sich der Feierlichkeiten mitergötzte, sodass sie die wärmsten Strahlen ihres 1.Jahrhundertsommers zu den wie Ameisen tummelnden Menschleins hinuntersandte.

Und der Richtige freute sich und es war gut so.

Die Leute tranken und scherzten, erzählten Schwänke aus ihrem und Anderer Leben, aßen von der Tafel der Götter, tranken aus Fässern den edlen Hopfen, prosteten sich zu, so auch den Reben in den Flaschen der Horizont zu kreisen begann. Ringsum ward es wahrlich eine helle Freude, dem Trubel zuzusehen – und alle waren guter Dinge.

Da stand er nun und blickte auf das Treiben. Er erfreute sich der Menschen die so froh miteinander konnten, als ob sie schon seit hundert Jahr eine große Familie wären und hätten noch nie, nie im Leben nur einen Hauch von Zank und Hader gekannt. Und er stand da, sah die Freude in den Gesichtern und fing an, ein wenig glücklich zu sein – und das war gut so.